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Service-Agentur versus Software-Produktgeschäft

Projektgeschäft versus Produktgeschäft – du bist bis um 23:00 Uhr am Abend im Büro, arbeitest am Samstag die offenen Supportfälle ab, du verkaufst Stunden und am Schluss, wenn du ein wenig Erfolg hast, dann musst du wieder Mitarbeiter anstellen. So bleibst du bei der 0 bis 20 % Marge, deshalb kann das Agenturgeschäft sehr mühsam sein. Wie wäre es denn, wenn ich lukrative Serviceverträge mit den Kunden vereinbaren könnte, die monatlich CHF 10'000 pro verkauftes Produkt einbringen und so nicht nur die Kosten der Mitarbeiter decken, sondern auch eine schöne Marge beinhalten? Das Resultat: Ein SaaS-Produkt, mit dem man regelmässig Kunden gewinnt und Geld verdient.

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Jahr für Jahr und nicht nur Projekt für Projekt 💰

Du öffnest dein Notebook am Strand von Costa Rica, gleich nach der ersten Surf-Session und beantwortest schnell, die paar wenigen Anfragen – schliesst dein Notebook wieder – gehst nochmals surfen und hast Spass am Strand.

So stellt man es sich vor, das Produktgeschäft ist viel besser. Ist das Gras auf der anderen Seite des Hügels wirklich grüner? Wie sieht es wirklich aus, ein skalierbares Produkt zu bauen?

Ich habe bereits beide Seiten erlebt – es ist ein aufwendiger, langer Weg und ich musste drastische Entscheidungen treffen. Ich wollte wirklich dieses SaaS-Produkt bauen und musste gezielt 40 Kunden gehen lassen, um das Produkt voranzutreiben. Deshalb die Frage an Valentin, wie die Realität nun aussieht? Du hast bereits mehrere Software-Produktfirmen gebaut – du warst Produktmanager für mehrere SaaS-Unternehmen, das ist dein Steckenpferd. Als Gründer und CTO hast du die Unternehmen aufgebaut, aber weshalb ist der Wechsel zu diesem SaaS-Modell so schwierig?

 

Die drei Problemstellungen beim Wechsel zum Produkt

Produkt- oder Projekt-Management

Das beinhaltet drei grosse Probleme. Als Erstes gibt es den Unterschied zwischen einem Produkt und einem Projekt. Bei einem Projekt machst alles für einen individuellen Kunden. Im Unterschied zu einem Produkt, dass du für ganz viele Kunden baust, musst, die dann alle die gleiche Lösung nutzen müssen. Zweitens, du hast eine wahnsinnig lange Vorfinanzierung in der Produktentwicklung, weil du auch die Kundengewinnung vorfinanzieren musst und das Dritte ist, dass du eine andere Organisation brauchst. Du benötigst andere Leute für eine Produktfirma. Was heisst das nun?

In eine Produktfirma musst du jemand haben, der die Product Ownership hat und der grösste Unterschied ist, dass du ein Produkt baust, welches eine Repetierbarkeit hat und entsprechend dann auch skalierbar ist. In einem typischen Projekt hast du immer die individuellen Anpassungen, sogenannte Customization, wo der Kunde sagt: Oh, ich brauche nur noch diesen Button oder das Feature oder diese Checkbox und dann baust du das und genau das killt ein wiederverwendbares Produkt. Dieses Produkt kann nicht skalierbar sein, weil es nicht „maintainable“ ist, weil auch in Realität, dieses einzelne Feature, die einzelne Checkbox nie bei einem zweiten Kunden gebraucht werden kann. Dieses Feature ist aber wahnsinnig teuer, wenn du es im langfristigen Produktzyklus unterhalten musst. Zudem braucht ein Produkt sehr lange in der Entwicklung. Ich habe noch nie gesehen, dass in 6 Monaten ein wahrer Product-Market-Fit erreicht worden ist für ein gutes Produkt. Es braucht Jahre an Entwicklungsarbeit, bis es funktioniert.

Vorfinanzierung

Ein weiteres grosses Thema bei der Vorfinanzierung ist – und das wird oft vergessen in Software-as-a-Service – es ist mega teuer, ein solches Produkt zu bauen. Entweder hast du ein Produkt-Team oder du hast den CTO oder Co-Founder, der das dann alles baut, der mitdenkt, der das Produkt zeichnet – diese Person war ich auch schon selbst – und das ist einfach wahnsinnig viel Stress. Zudem kommt mit dieser Person auch ein Klumpenrisiko, wenn die Person nicht mehr kann oder aussteigen möchte, verliert man alles Wissen und die Firma entsprechend tot und nicht skalierbar ist. Also ist die Alternative: Man hat 3–4 Personen im Team, das effizient miteinander arbeitet. Das ist aber wieder teuer und kostet CHF 300'000 oder mehr pro Jahr. Das braucht dann viele Kunden, bis man so viel Geld wieder verdient. Ebenfalls braucht das viel Zeit, auch wenn man solch ein Team hat, dann baut man schnell 1, 2 oder 3 Jahre lang bis man einen wirklichen Product-Market-Fit hat. So kann man die Rechnung selbst machen, wie viel Geld es in etwa kostet.

Dann muss man neben dem Produkt-Team auch die Kundenakquisition und das Onboarding vorfinanzieren, also auch die Installationen, Trainings, Anpassungen. Weil, bis der Kunde die erste Rechnung zahlt, hat man Ausgaben für Marketing, Verkauf, Kundenberatung, Anpassungen und dann endlich zahlt er die erste Rechnung. Diese Rechnung ist dann viel tiefer als eine Projektrechnung früher war – die Kosten sind alle schon angefallen. Typisch für ein SaaS-Unternehmen sind dann die Customer Acquisition Costs, die CAC. Diese Kosten brauchen eigentlich 9 bis 18 Monate bis die zurückgezahlt sind. Und das heisst, der Rest muss vorfinanziert werden. Speziell in B2B SaaS gibt es diese schlüsselfertige Lösung nicht, man muss immer Anpassungen machen, ein Design anpassen. Z. B. wenn es in eine Webseite integriert wird oder eine Konfiguration vorgenommen oder die Leute ausgebildet werden. Sprich, man hat immer diese hohen Kosten, mit jedem einzelnen Kunden.

Wenn man es also einfaches Beispiel rechnet, ein typisches Projekt bringt CHF 100'000 und dann hat man jedes Jahr einen Supportvertrag von CHF 20'000. Wenn man 5 Jahre lden Supportvertrag leistet, dann heisst das, die gesamte Summe, welche man von diesem Kunden über 5 Jahre verdient, ist CHF 200'000. Und jetzt kann man das teilen durch 5, das gibt CHF 40'000 pro Jahr. Wenn man jetzt den SaaS-Kunden gewinnt, dann zahlt der noch CHF 40'000. Man hat aber trotzdem Kosten von CHF 100'000. Sprich da gibt es einen Gap von CHF 60'000. Wenn man dann einen zweiten Kunden findet, hat man einen Gap von CHF 120'000 und beim dritten Kunden einen Gap von CHF 180'000. Je mehr Kunden man gewinnt, desto grösser wird der Vorfinanzierungs-Gap und das vergessen viele! Man hat dann das Gefühl, ich gewinne mehr Kunden, dann wird alles viel einfacher, aber das ist nicht unbedingt so.

Ein weiterer Punkt, weshalb es so teuer ist, ist der Folgende: Viele sagen dann baue ich doch so ein tolles Produkt, welches dann günstig und unendlich viele Leute können es nutzen. Wie ein Shopify für CHF 29 pro Monat. Und in der Realität ist das nicht so. In der Realität müssen die Produkte, die so günstig sind, ultra einfach zu bedienen sein. Und ultra einfach heisst immer, ich benötige enorm viel Entwicklungsarbeit, UX und Dokumentation. Es geht oft doppelt oder dreimal länger, dies zu entwickeln. Zudem gibt es selten im B2B-Enterprise-Umfeld diese Long-Tail-Produkte, die einfach funktionieren. Die sind rar oder es hat enorm viel Vorinvestition gebraucht.

Organisationsstruktur

Die Organisation, kann man eigentlich in 2 Bereiche unterteilen: Alle, die Owners, Leaders oder Partners, von diesem Servicegeschäft, die das gemeinsam machen wollen, müssen gut abgestimmt sein, dass sie das machen wollen. Sie müssen eine langfristige Vision haben, dass man jetzt eine Produktfirma bauen will und das ist oft schwierig, wenn man mehrere Partner ist, weil sich die Lebenspläne ändern. Plötzlich will man heiraten, hat Kinder, vielleicht will man umziehen oder möchte etwas anderes machen. Dann ist man wieder interessiert an einem nächsten Grossprojekt, an dem nächsten Kunden oder an Cashflow und Gewinn. Statt Jahre in ein ominöses Produkt zu investieren. Auch wenn man allein ist, ist es nicht einfacher. Dann benötigt man auch andere Leute in einer Produkt-Organisation als in einem Agentur-Geschäft. Man kann nicht einfach den Schalter umlegen und sagen: Hallo liebe Agenturleute, neu sind wir jetzt eine Produktfirma.

Der Masterplan

Du redest von drei Problemfeldern: 1) die Differenzierung von Produktmanagement zu Projektmanagement, das sind zwei unterschiedliche paar Schuhe. 2) Massive Vorinvestitionen, also schnell einmal CHF 100'000 und mehr Akquisitionskosten, die man entsprechend rechnen muss und dann noch 3) die Organisationsstruktur, die transformiert werden muss. Aber wie sieht der Plan aus, was ist jetzt ein Lösungsweg für diese Problemfelder? 

Ja, es gibt wahrscheinlich schon Wege, die sich jetzt mehr bewährt haben oder die Erfolg versprechender sind als andere Wege.

SaaSify ein bestehendes Projekt

Bezüglich des Produktes hat sich bewährt, dass man etwas nimmt, was man bereits gut kennt. Wenn man schon ein Projekt hat, und immer wieder mehrere Projekte in einem ähnlichen Bereich, wo eine ähnliche Lösung gebaut wurde, für ähnliche Kunden, dass man dann eigentlich dieses Projekt nimmt und in ein Produkt abstrahiert. Ich sage dem „Saasify“ ein bestehendes Projekt und das ist viel effizienter als, wenn man es von null aufbaut. Weil man kennt den Markt schon, man kennt die Kunden bereits, man kennt die Probleme. Wenn man etwas von null auf baut, „building from scratch“, dann dauert das sehr lange, ist kostenintensiv und es ist vor allem auch nicht bewiesen, dass das einer kaufen will. Was aber da wichtig ist, dass man dann das abstrahiert und versucht die Skalierung zu finden und sagt: Wie kann ich das möglichst einfach kopieren und neue Kunden onboarden. Das ist nicht einfach nur Copy-and-paste des bestehenden Projektes, sondern man muss dann eine Saas-Lösung bauen, was dann auch noch technisch etwas herausfordernd ist.

Bootstrapping oder Spin-Off

Zu der Finanzierung gibt es zwei Wege, die sich bewährt haben. Der Erste ist jetzt wieder aktueller, wenn wir jetzt wieder in eine Rezession kommen und es schwieriger ist Geld zu finden, ist der Bootstrap-Weg. Und der geht so, dass man in einem Hybridmodell arbeitet, wo man die gleichen Leute hat und die arbeiten im Servicegeschäft, wo sie für die Stunden abgerechnet werden und nachher können sie sich gewisse Tage blockieren und dort arbeiten sie für das Produkt. Das ist aber ein grosse, mentale Herausforderung. Vor allem auch für Entwickler, die an langfristigen Produkten und dann am kurzfristigen Problem der Projektgeschäfte arbeiten, wo es Ad-hoc-Lösungen braucht.

Der zweite Weg ist, man teilt die Organisation auf. Eine Art Spin-Off, bei der man sagt, gewisse Leute arbeiten 100 % nur am Produkt und die werden quersubventioniert von den Leuten, die im Servicegeschäft arbeiten. Das gibt es auch oft. Natürlich gibt es auch den Weg mit einem Investor und holt externes Geld rein, welches den Gap finanziert und überbrückt, damit man 100 % an dem Produkt arbeiten kann. Das ist schwieriger, solange man noch nicht wirklich einen Product-Market-Fit erreicht hat und wenig Umsatz macht. Dann braucht man das Geld primär für die Produktentwicklung. Gerade im jetzigen Umfeld ist es schwieriger Investorengeld zu finden, was dann auch mit viel Druck kommt.

Keine Freunde mehr und Nein zu Geld sagen

Der letzte Punkt ist die Organisation, die unterschiedlich sein muss zur Agentur. Wahrscheinlich der grösste Unterschied. Es ist das typische Agenturproblem: Du hast Kunden, die dir Geld zahlen und du hast auch noch grosse Kunden, deine Zeit wollen, dir deine Agenda zu buchen, am Freitag melden: „ich habe da ein neues Projekt und wir müssen das sofort haben und ich zahle dir ja bereits so viel Geld“. Jetzt müssen alle 100 % an dem Arbeiten und das gibt es jede Woche. Jede Woche wird wieder deine Agenda „hijacked“ und etwas ad-hoc hereinkommen. Dann verlierst du immer wieder deinen langfristigen Produktentwicklungsplan und kommst nicht vorwärts.

Ein grosser Unterschied ist, dass ein Projekt immer ein Release-Datum hat. Alle Arbeiten auf den Launch des Projektes hin und dann ist das abgeschlossen, man kann die Rechnung senden und noch ein paar Fehler lösen. Aber grundsätzlich ist dann ein Projekt „live“ und hat dann überschaubare Kosten. Das Produkt muss kontinuierlich weiterentwickelt werden, weil der Kunde kann dich jedes Jahr verlassen. Er zahlt viel weniger und gleichzeitig kann er dich jedes Jahr verlassen. Du musst immer gute Leistung bringen, damit er dich eben nicht verlässt. Und das ist auch ein mentaler Unterschied. Es gibt nicht den einen Event und dann ist alles gut. Sondern es ist immer Launch-Event und es braucht immer eine hohe Leistung. Zudem sind Projektmanager keine Produktmanager oder Product Owner. Product Owners müssen andere Skills haben, die müssen eine Produktvision haben, sie müssen die Kunden verstehen, sie müssen eine Roadmap planen und vor allem müssen sie Nein sagen können.

Weil der Kunde, der sagt: mach mir nur schnell diesen Button oder die Checkbox, die brauchen alle anderen auch. Das ist in der Realität nie so, also musst du immer sagen: Nein zu Features, Nein zu Kunden und Nein zu Geld – und das ist hart, vor allem auch für First-time Founders, die das fast nicht können. Es ist schwierig, wenn einer mit der Karotte kommt und CHF 50'00. Ich habe da oft auch Ja gesagt, es hat sich nie bewährt. Jedes Mal war die Maintenance viel zu hoch gewesen. Das Feature hat nie eine zweite Person gebraucht, der Kunde ist dann doch nicht gekommen und man macht sich halt sehr unbeliebt in der Organisation. Du bist immer der, der Nein sagt. Man musst eine dicke Haut aufbauen als Product Manager und immer die Vision im Kopf haben. Also du hast keine Freunde als Product Manager und das ist hart.

Die Praxisbeispiele

Keine Freunde mehr und Nein zu Geld sagen. Das klingt wirklich hart. Die Frage, die ich jetzt praktischerweise habe, wer hat diese Learnings gemacht und hat es geschafft Produkt, Finanzierung und Organisation so zu transformieren, dass es schlussendlich geklappt hat und ein Produkt auf dem Markt erfolgreich war?

Ich kann vielleicht ein paar Beispiele erzählen, denen ich selbst begegnet bin, in diesen Firmen, die ich mitaufgebaut habe. Ein Beispiel ist z. B. DigiTickets. Das ist eine Buchungs-Lösung für solche Attraktionen, wie Zoo und Museen, also Themeparks. Dort war das ein Gründer gewesen, wo er eine Web-Agentur gehabt hat und er hat einmal eine Ticketing-Lösung bauen müssen für so ein Aquarium ein grosses und dann hat er das gebaut, weil es noch keine Standard-Lösungen gab und dann hat er dann ein zweites Aquarium gefunden, das auch eine Lösung wollte und dann ein Drittes und dann ein Viertes und hat so gemerkt: Hey, ich kann ja das als eigenes Produkt bauen und dann ganz viele andere solche Attraktionen finden und hat dann so Kunde für Kunde gewonnen und immer nebenan weiter Webprojekte gemacht und das über Jahre hinweg aufgebaut. Und so hat er dann etwa nach 4 - 5 Jahren das geschafft. Seine ganze Firma nur noch auf das Produkt zu optimieren. Das ist eigentlich ein mega cooler Case, aber man vergisst auch: Er hat alle die Kunden akquiriert. Das heisst, er hat 200 Nächte im Hotel geschlafen, ist 100'000 Kilometer gefahren im Auto – jedes Jahr – und hat so nebenan immer noch die Projekte verwaltet. Nach 5 bis 6 Jahren bist du langsam müde, das ist sehr anstrengend und dann hat er auch die Firma verkauft und vielleicht nicht im besten Moment für ihn, weil die Firma ist, nachher noch viel mehr gewachsen, aber er hat nicht länger Energie gehabt, weil er nicht mehrere Leute hatte, auf denen er den Druck verteilen konnte.

Oder ein anderes Beispiel ist zum Beispiel Waldhart, eine Software für Skischulen im Alpenraum, die fast alle Skischulen nutzen. Der hat auch Web-Agentur gehabt für Skischulen und hat denen Websites gemacht und hat dann gemerkt, diese Skischulen haben alle 5 bis 7 Jahre wieder Budget für eine neue Webseite, so der typische Lebenszyklus einer Webseite. Und er hat dann gemerkt, die benötigen auch eine Buchungslösung und das für die bauen können, aber immer in einem Projektgeschäft und hat dann angefangen, das zu transformieren und immer den Projektpreis etwas mehr runter getan und dafür die jährlichen Produktpreise etwas mehr rauf und das über 20 Jahre. Also eine ewig lange Zeit, aus heutiger Sicht. Das ist ja so lange, wie ich bereits im Business bin. Er hat aber das so aufbauen können. So konnte er viele Skischulen gewinnen und auch ein solides Business bauen. Was eine Herausforderung war: Er war allein und er hatte das Know-how von SaaS und Produktbusiness nicht. Daraus resultierte, dass er eigentlich viel zu wenig Geld aus der Wertschöpfung gezogen hat. die Firma war zu wenig profitabel gewesen. Er hat die Firma dann an uns verkauft und wir haben es mit der gleichen Kundenbasis und mit einer ähnlichen Lösung, viel mehr Wert zu schaffen und dies viel profitabler zu machen. Dort war das Problem gewesen, dass er die Skills nicht in diese Firma reinbrachte.

Anderes Beispiel von Zürich ist es zum Beispiel Divio. Das ist eine Web-Agentur gewesen, wo sich spezialisiert gehabt auf Python, Django und ein spezielles Framework einer Technologie und hat dann gemerkt hat, da gibt es kein Hosting dafür oder es ist immer ganz speziell und dann haben sie angefangen eine eigene Hosting-Plattform bauen, auf der man ihr Projekt ideal machen konnte und dann so über 7 Jahre oder 8 oder 10 Jahre hat er immer mehr investiert in die Hosting-Plattform und das auch mit seinen Webprojekten finanziert. So konnte er dann ein Produktbusiness bauen, es hat aber immer einen Investitions-Gap gegeben und entsprechend Investment genommen. Das war sehr anstrengend für den Gründer. Er hatte immer den Gap zwischen dem Projektbusiness, welches unter Druck stand, wenn wieder ein Kunde abgesprungen ist und von den Investoren, die gefunden haben, wie geht es jetzt weiter im Produktbusiness und hat dann sehr viel Energie verbraucht, um die Transformation zu machen.

Andere Beispiele sind Amazee.io, das auch ein Spin-Off war im ähnlichen Case wie Divio. Die haben Drupal Hosting als Produkt entwickelt, welches sie nun verkaufen könnten. Es kam aus der Drupal Agentur Amazee Labs heraus.

Bexio war auch ein Spin-Off von der Webagentur iBROWS. Der eine Teil leistete weiter Services und Web-Projekte, welche dann später an PWC verkauft wurde. Der andere Bereich, Bexio, ist die bekannte Buchhaltung oder Betriebssoftware geworden.

Auch ein bekanntes Beispiel ist Paymash. Das ist eine Kassenlösung für kleine Shops, wie Friseure oder kleine Läden und mit einem Onlineshop. Das ist auch ein Spin-Off der Agentur Fabware, welche Finanzlösungen programmiert in Zürich. Paymash hat viele Kunden und das jetzt schon etwa 5 Jahre lang immer weiter ausbaut und quersubventioniert durch die Agentur.

Ein Beispiel, bei dem du Marc dabei warst. Localina, das ist heute ein Buchungs/Reservationssystem für Restaurants. Das ist auch Spin-Off gewesen von Astina und noch externen Leuten. Dort war auch das Alignment von allen Entwicklern, des gesamten Teams und die langfristige Vision die Herausforderung. Man hatte ein Angebot von Swisscom Directories, LTV Gelbe Seiten und local.ch bekommen und es dann verkauft.

Was sich überall zeigt, bei all diesen Beispielen: Es ist meistens ein Gründer, der das vorangetrieben hat. Es braucht viel Energie, von denen, die das dann tragen müssen. Bei mehreren Leuten steht das Alignment im Zentrum, was oft eine Herausforderung ist.

Die unternehmerische Herausforderung

Also der Engpass, der liegt beim Unternehmer selbst, der muss immer an beide Bereiche denken: Agenturbusiness vs. Produktbusiness und das zerreisst den Unternehmer. Der Masterplan, den du aufgezeigt hast, zeigt mir aber auch, dass es ein extrem langer Weg ist. Wahrscheinlich muss man doch auch die Kunden konsolidieren? Damit das Produkt und der Service miteinander einhergeht, was würdest du da empfehlen?

Ja, es ist so, es sind zwei Herausforderungen:

Der Unternehmer

Der Unternehmer, der muss aligned sein, mit der langfristigen Vision. Er muss sich einen Plan zurechtlegen, dass auch alle das sehen und auch am gleichen arbeiten. Es ist auch wichtig, wenn er allein ist, dass er das mit einem guten Management-Team umsetzt und er kein Burn-out erleidet. Ich habe viele Freunde, die nach ein paar Jahren einfach ausgebrannt waren, weil sie alle Probleme auf sich genommen haben oder das finanzielle Risiko fast nicht getragen werden konnte. Wenn man Kinder hat oder ein teures Leben oder eine Hypothek auf das Haus aufnimmt und kann dann unter Druck kommen, die Firma in einem ungünstigen Zeitpunkt zu verkaufen, wenn sie nicht am meisten Wert hat. Oft verpasst man auch, sich die Erfahrung in die Firma zu holen. Man verpasst es, sich ein Advisory Board aufzubauen. Oder man holt sich Verwaltungsräte oder kleine Investoren, die weniger einen finanziellen Aspekt haben, sondern Erfahrung hereinbringen. So hat man Leute, die den Weg schon einmal gegangen sind. Die können den Unternehmer coachen und helfen, wenn es um Durchhalte oder Sinnloses geht.

Der Kunde

Weiter darf man die Kunden nicht vergessen. Die Kunden müssen alle ähnlich sein. Eine Produktfirma ist ein wenig wie ein Zoo. Du musst alle Kunden etwas alignen und alle deine Tiere zusammenführen. Wenn du einen Zoo für Elefanten baust und dann Mäuse reinpackst, dann hast du einfach den falschen Zoo. Genauso der umgekehrte Fall, du baust alles für kleine Mäuse und nachher holst du einen Elefanten rein, der alle zertrampelt. Der isst etwas anderes, der benötigt andere Wärter und dann hat man keinen Skaleneffekt. Weil man keine Effizienzgründe hat und das heisst man muss wirklich wissen, was für eine Art von Kunden man hat und die haben will und dann diese explizit auch suchen und bei den anderen Nein sagen, sodass das Ganze einheitlich wird.

Die Key-Take-Aways

Was sind jetzt deine Key-Take-aways, warum soll man diese Transformation überhaupt machen – ist es dann wirklich so, dass auf der anderen Seite des Hügels, das Gras grüner ist?

Ich glaube, das allerwichtigste, genauer gesagt das schlimmste ist, wenn man weder Fisch noch Vogel ist und ständig den Kurs ändert. Wenn man ein Jahr Produkte baut und dann merkt, es geht nicht so schnell, dann macht man wieder Projektgeschäfte. Dann verbrennt man einfach nur Geld und kommt nicht vorwärts.

Das heisst, wenn man auf ein Produkt setzt, hat man einen langfristigen Plan, weiss, worauf man sich einstellen muss und richtet das Produkt auf Skalierung aus. So kann man das Geschäft auch etwas weniger abhängig von der Konjunktur machen, weil die Kunden langfristig dabei sind. Man kann das Produkt auch einfacher bereitstellen, dass der Einstiegspreis sinkt und man so mehr Kunden gewinnt. Wenn man dann durch das lange Tal der Tränen gegangen ist, dann hat man dann wirklich eine Geldmaschine, die einem regelmässig Geld reinspülen kann.

Alternativ geht man den anderen Weg. Man fokussiert sich zu 100 % auf ein profitables Agenturgeschäft. Das ist cool, wenn das effizient läuft, dann kann man viel Geld verdienen. Wenn die Marktkonditionen gut sind, wie den Bull-Markt, den wir jetzt lange gehabt haben, kann man die Agentur auch für gutes Geld verkaufen.

Ich habe mehr Freunde, die eine Agentur erfolgreich verkauften und so Geld gemacht haben als Freunde mit Produktfirmen. Diejenigen, die jedoch eine Produktfirma verkaufen konnten, haben vielmehr Geld gemacht. Und das ist nachvollziehbar, weil das Risiko ist viel grösser! Also ist der Reward auch viel grösser für eine Produktfirma.

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